Ein Nachmittag im Winter-Wohnzimmer

Die Goldene Möwe hat eine Weihnachtsmütze auf und
späht aufs Meer hinaus.
Die Geliebte rattert mit der Nähmaschine.
Das Meer blinzelt ein bisschen.
Dann rollt es weiter.

Das Pärchen hinten in der Ecke flüstert: Alltag. Flüstert: Dies und das.
Flüstert: Weihnachtseinkauf.
Dann springen sie auf, schlagen Rad hinaus auf die Strandpromenade.

Die bunten Kissen fläzen in den Fenstern.
Im Hintergrund singt Dylan: Die Dinge ändern sich.

Doch erstmal ändert sich nichts. Die Geliebte rattert weiter mit der Nähmaschine.
Das Meer blinzelt. Dann rollt es weiter.

Die Goldene Möwe zieht sich die Weihnachtsmütze
bis zum Schnabel hinunter und träumt von einem filettierten Hering.
Sie fragt sich, ob heute noch etwas passiert.

Da passiert schon etwas:
Zwei Frauen in rosa Jacken eilen herein, mit einem weißen Hund.
Der Hund weiß alles, aber verrät nichts.

Die Goldene Möwe sagt Hallo zu einem Pärchen mit Kinderwagen,
mit einem aufgeregten Kind,
einem nicht so aufgeregten Kind.
Sie lassen die Tür so weit offen,
dass mal kurz der Wind hereinkommt.
Als der Wind wieder verschwunden ist,
streichelt das nicht so aufgeregte Kind den weißen Hund.

Der verrät jetzt doch etwas:
Das Universum ist ein rotes Surfbrett.
Als der Hund dem Kind auch noch den Sinn des Lebens verraten will,
haben die Frauen längst die rosa Jacken wieder angezogen
und zerren ihn hinaus.

Jetzt läuft nicht mehr Dylan. Sondern was anderes.
Die Kinder sind eingeschlafen.
Ein Pärchen mit weißen Haaren will die bunten Kissen
kaufen, bekommt aber nur Glühwein.

Die Geliebte rattert an der Nähmaschine.

Die Goldene Möwe späht aufs Meer hinaus, und bemerkt,
dass gleich die Sonne untergeht.
Das Meer blinzelt ein bisschen.
Dann rollt es weiter.

Noch bis Anfang Januar 2025 hat das Winter-Wohnzimmer der „Goldenen Möwe“ in der „Galerie am Meer“ an der Westerländer Strandpromenade geöffnet.

Vorgeschlagener Soundtrack: „Things have changed“ von Bob Dylan.

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